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Der Heuschreck und die Katze


Früher einmal, da war es noch nicht so wie heute. Und da war einmal eine' Katze, die wollte heiraten, aber die Kater in ihrem Dorf haben ihr nicht gefallen. Und sie hat sich die Mäuseriche angesehen, aber die haben ihr auch nicht gefallen. Und sie hat sich die Hunderüden angesehen, aber die haben ihr auch nicht gefallen. Und sie hat sich die Stiere angesehen, aber die waren zu groß und zu gewalttätig und haben ihr auch nicht gefallen. Und sie hat sich die Eselshengste angesehen, aber die waren zu störrisch und haben ihr auch nicht gefallen. Und sie hat sich die Hähne angesehen, aber die haben sie mit dem Schnabel auf den Kopf gepickt und haben ihr auch nicht gefallen.

Und wie sie durch den Garten gegangen ist, die Katze, da hat sie einen Heuschreck gesehen, ein allerliebstes Männchen. Und das hat ihr gefallen. Und sie hat den Heuschreck gefragt: »Wollen wir heiraten?« Und er hat gesagt: »ja, wollen wir.«

Und da haben sie geheiratet.

Wenn die Katze gekocht hat, dann hat sie ihren Mann, immer in den Garten geschickt und die Küche zugesperrt, denn sie hat Angst gehabt, daß ihr Mann - der ein großer Springer war - ihr ins Essen fällt.

Einmal aber hat sie Suppe gekocht, und sie hat vergessen, die Küchentüre zuzumachen, und der Heuschreck ist in die Küche gekommen und hat gefragt: »Frau, was kochst du da?«

Und die Katze, die überrascht war, hat alles vergessen, hat den Deckel vom Kochtopf genommen, und hat gesagt: »Sieh selber!«

Und der Heuschreck, der sehr neugierig war, hat einen Satz gemacht, um in den Topf zu sehen, aber er ist in den Topf mit der kochenden Suppe hineingefallen.

Die Katze ist sehr erschrocken, aber sie hat flink mit dem Kochlöffel ihren Mann herausgefischt, der aber war arg verbrüht. Da hat ihn die Katze in ein Leintuch gelegt und hat gesagt: »Wart nur, ich hole schnell Hilfe!«

Und sie ist davon gerannt und zu einer Taube gelaufen. Dort hat sie gesagt: »Taube, hörst du? Mein Mann ist in die kochende Suppe gefallen und hat sich verbrüht. Wenn er nicht wieder gesund werden kann, werde ich mir aus Trauer meinen eigenen Schwanz abbeißen.« - »Ach, welches Unglück!« hat die Taube gesagt, »bleib hier Gevatterin, ich werde Hilfe holen.« Und sie ist davongeflogen.

Sie ist auf einen Baum des Apothekers geflogen, und der Baum hat gesagt: »Taube, was ist?« - »Ach«, hat die Taube gesagt, »der Mann der Katze ist in die kochende Suppe gefallen und hat sich verbrüht, und die Katze will sich den Schwanz abbeißen, wenn er nicht wieder gesund wird, und ich werde mir aus Trauer alle Federn ausrupfen. « - »Ach, welches Unglück!« hat der Baum gesagt, »wenn der Heuschreck nicht wieder gesund wird, und wenn die Katze sich den Schwanz abbeißt, und wenn du dir die Federn ausreißt, dann will ich meine Blätter abwerfen. Aber bleib, denn ich will Hilfe holen. «

Und der Baum hat sich zum Brunnen herabgebeugt und hat gesagt: »Brunnen, der Mann der Katze ist in die kochende Suppe gefallen und wenn er nicht gesund wird, dann will die Katze sich den Schwanz abbeißen, und die Taube will sich die Federn ausreißen und ich werde meine Blätter abwerfen.« - »Ach, was für ein Unglück!« hat der Brunnen gesagt, »ehe der Heuschreck nicht gesund wird und die Katze sich den Schwanz abbeißt, die Taube ihre Federn ausreißt und du deine Blätter abwirfst, will ich aufhören zu fließen. « Und der Brunnen hat aufgehört, Wasser zu geben.

Und da ist die Tochter des Apothekers zum Brunnen gekommen, um Wasser zu holen, aber der Brunnen hat gesagt: »Ach, welches Unglück, der Mann der Katze ist in die kochende Suppe gefallen, und die Katze will sich den Schwanz abbeißen, die Taube aber will ihre Federn ausreißen und der Baum seine Blätter abwerfen, und ich werde aufhören zu fließen.«

Da hat die Tochter des Apothekers angefangen zu weinen, und sie hat gesagt: »Wenn der Mann der Katze in die kochende Suppe gestürzt ist, und die Katze sich den Schwanz abbeißen will, die Taube die Federn ausreißen, der Baum seine Blätter abwerfen und der Brunnen nicht mehr fließen, dann will ich weinen, bis ich blind werde.« Und sie hat angefangen zu weinen.

Als das Mädchen nicht ins Haus gekommen ist, hat ihre Mutter nachschauen wollen und ist in den Garten gegangen. »Nun, was ist?«

»Der Mann der Katze ist in die kochende Suppe gefallen, die Katze will sich den Schwanz abbeißen, die Taube will sich die Federn ausreißen, der Baum will seine Blätter abwerfen, der Brunnen will nicht mehr fließen, und ich will weinen, bis ich blind werde.« - »Ach, welches Unglück!« hat die Frau des Apothekers gesagt, »wenn der Mann der Katze nicht gesund wird, wenn die Katze sich den Schwanz abbeißt, wenn der Brunnen nicht mehr fließen will und wenn du weinst, bis du blind wirst, dann werde ich alle meine Kleider zerreißen!«

Nun ist der Apotheker in den Garten gekommen: »Frau, was ist?« - »Der Mann der Katze ist in die kochende Suppe gefallen, und wenn er nicht mehr gesund wird, dann will die Katze sich den Schwanz abbeißen, und die Taube will sich die Federn ausreißen, und der Baum will seine Blätter abwerfen, und der Brunnen will nicht mehr fließen, und unsere Tochter will weinen, bis sie blind wird, und ich werde alle meine Kleider zerreißen.« - »Ach, welch ein Unglück!« sagte der Apotheker, »aber ehe der Heuschreck stirbt, die Katze sich den Schwanz abbeißt, die Taube sich die Federn ausreißt, der Baum seine Blätter abwirft, der Brunnen kein Wasser mehr gibt, unsere Tochter weint, bis sie blind wird, und du deine Kleider zerreißt, was Gott verhüten wolle, will ich lieber hingehen und den Heuschreck wieder gesund machen.«

Und er hat eine Salbe geholt und ist zum Haus der Katze gegangen und hat den Heuschreck von oben bis unten mit Salbe und Heilöl eingeschmiert. Und was soll man sagen? Der Heuschreck ist wieder gesund geworden.

Da hat die Katze gesagt: »Nun will ich mir den Schwanz nicht abbeißen.«

Und die Taube: »Wenn die Katze sich nicht den Schwanz abbeißt, dann will ich auch meine Federn nicht ausreißen.«

Und der Baum: »Wenn die Katze sich nicht den Schwanz abbeißt, und wenn die Taube sich nicht die Federn ausreißt, dann will ich auch meine Blätter behalten.«

Und der Brunnen: »Wenn die Katze sich nicht den Schwanz abbeißt und die Taube sich nicht die Federn ausreißt, wenn der Baum seine Blätter nicht abwirft, dann will ich auch weiterfließen.«

Und die Tochter des Apothekers: »Wenn die Katze sich nicht den Schwanz abbeißt und die Taube sich nicht die Federn ausreißt, wenn der Baum nicht seine Blätter abwirft und der Brunnen nicht aufhört zu fließen, dann will auch ich nicht weinen, bis ich blind werde.«

Und die Frau des Apothekers: »Wenn der Heuschreck nicht stirbt, wenn die Katze sich nicht den Schwanz abbeißt, wenn die Taube sich nicht die Federn ausreißt, wenn der Baum nicht seine Blätter abwirft, wenn der Brunnen nicht aufhört zu fließen, dann will auch ich nicht meine Kleider zerreißen.«

Und der Apotheker hat gesagt: »Warum soll der Heuschreck sterben? Warum soll die Katze sich den Schwanz abbeißen? Warum soll sich die Taube die Federn ausreißen? Warum soll der Baum seine Blätter abwerfen? Warum soll der Brunnen aufhören zu fließen? Warum soll meine Tochter weinen, bis sie blind wird? Warum soll meine Frau ihre Kleider zerreißen, wenn es doch Apotheker gibt?«


Dieses Märchen wurde mir von Dieter [chax@wtal.de] zur Verfügung gestellt.