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Der unbequeme Mitbürger
Märchen aus dem Elsass


Es war einmal ein Mann, der seines bitterbösen Wesens wegen überall gemieden wurde. Die Bürger des Städtchens beschäftigten sich viel mit ihm, wagten ihn aber nie zu reizen, da er im Gerede stand, geheime Künste zu kennen. Es gab daher keine Trauer, als der unbequeme Mitbürger plötzlich starb.

Der Pfarrer beorderte die Schulknaben am Tag der Beerdigung vor das Haus des Verstorbenen, um der Leiche das Geleit zu geben und am Grab zu singen. Als der Zug sich ordnete und der Sarg herabgetragen wurde, sah plötzlich einer der Schüler den Verstorbenen mit seiner Zipfelmütze zum Fenster hinausschauen und ihm höhnisch zunicken. Auf den Schreckensruf des Knaben sahen alle auf und starrten die Erscheinung sprachlos an.

Der Mann mit der Zipfelmütze lächelte, nickte und sprach gelassen: »Habt wohl geglaubt, ihr wärt mich los, ja, soweit ist es aber noch nicht, meine Lieben.«

Der Pfarrer holte sich zuerst und rief: »Fort mit dem Sarg!« Und so bewegte sich der Zug mit ungewöhnlicher Eile dem Friedhof zu, und bald schloss sich die Erde über dem ruhelosen Mann.

Er sollte die Ruhe auch jetzt noch nicht finden.

Die Umwohner des Friedhofs beklagten sich bald über fortdauerndes lautes Lärmen, das sie aufs Äußerste ängstigte. Sie ließen in ihrer Bedrängnis zwei Männer kommen, die im Ruf standen, alle Geister bannen zu können. Diese gruben den Polterer wieder aus und bannten ihn unter eine Brücke.

Aber auch hier neckte und ängstigte er die Vorüberziehenden. Er sprang den Bauern, die zum Markt in die Stadt wollten, unsichtbar auf den Rücken und ließ sich als schwere Last bis zur Stadt schleppen.

Nochmals wurden die Männer gerufen, und diesmal bannten sie ihn in den tiefen Brunnen seines eigenen Hauses, der dann vermauert wurde. Von jetzt an ließ er nichts mehr von sich hören.

Das Haus, ein weitläufiges Gebäude, neben einem Schloss gelegen, kam in den Besitz zweier alter Damen, die es gern verkaufen wollten. Doch kam kein Verkauf zustande, da die alten Damen zur Bedingung machten, dass der Brunnen vermauert blieb. Erst nach ihrem Tod ließ der Erbe den Brunnen aufdecken. Der Geist zeigte sich nicht mehr.