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Der Wohlduftende


Es gab einmal einen König, der hatte drei Töchter. Die jüngste war sehr, sehr lebhaft und neckte auch gern. Nun hatte sie eine alte Nachbarin, und der half sie etwas im Haushalt nach, sie gab ihr von allem ab. Eines Tages kochte sich jene Alte ein Linsengericht, und die Königstochter wusste es nicht. Da rennt sie vorüber und gibt aus Versehen dem irdenen Kochtöpfchen der Alten einen Schubs und wirft es ihr um.

»0 mein Kind, du sollst die Strafe haben, dir so sehr zu wünschen, den Wohlduftenden zum Mann zu bekommen, wie ich mir das Linsengericht gewünscht hatte!«

Die Königstochter bekam einen Schreck und sie fordert daher die Alte auf: »Alte, erklär mir, wer der Wohlduftende überhaupt ist!« - »Der Wohlduftende, meine Tochter, ist ein Mann, der aus lauter Gewürzen gebacken ist. Falls du ihn dir einmal machen willst, musst du hierher kommen, wenn dein Vater auf Reisen geht, damit ich dir sage, was du ihm bestellen musst, dir mitzubringen.«

Dann war der König so weit, auf die Reise zu gehen. Rasch rennt die Tochter zu der Alten und spricht zu ihr: »Sag mir schnell, was ich meinem Vater sagen soll, dass er mitbringen soll, denn er reist bald ab. « - »Trag ihm auf, er soll dir zwanzig Kilo von allen Gewürzen mitbringen, Muskatnuss, Nelken, Mastix und alles andere sonst, außerdem einen marmornen Mörser, ein Haarsieb, ein Messer, das auf beiden Seiten schneidet, einen Ölleuchter mit drei Dochten, einen Stein der Geduld, ein Weihrauchpfännchen und sehr viel Weihrauchkraut und auch von dem besonders gut duftenden Weihrauchkraut, dem feinen. Wenn er dir das gebracht hat, komm wieder her, damit ich mit dir darüber rede.«

Als dann der König zur Reise bereit ist, fragt er als erste seine große Tochter: »Was willst du wohl, dass ich dir von der Reise mitbringen soll?« - »Ein Kleid, Vater - den Himmel mit Sternen!« Die zweite sagt zu ihm, als er sie fragt: »Ein Kleid - das Feld mit den Blumen! « Und die kleine Tochter trägt ihm auf, er möchte ihr von allen Gewürzen mitbringen. »Vater, wenn du vergessen solltest, sie für mich zu besorgen, bleibt deine Fregatte mitten im Meere stehen.«

Da fragt der Vater, der arme Mann: »Was sind denn das für Sachen, meine Tochter?« - »Das will ich haben, Vater!«

Als der König dann seine Geschäfte erledigt hatte, machte er sich daran, für seine älteste und seine zweite Tochter einzukaufen, was sie ihm aufgetragen hatten. Den Auftrag der Kleinen hatte er jedoch vergessen, und so sagte er sich: »Für die will ich auch ein Kleid kaufen - das Meer mit den Fischen!«

Nachdem sich die Fregatte in guter Weise in Bewegung gesetzt hatte, blieb sie mit einem Mal mitten auf dem Meere stehen. »Oh! Das Teufelsmädel! ihre Verwünschung erfüllt sich! « rief der König. Er kehrte mit der Fregatte zurück, entsann sich und kaufte alles für sie ein.

Nachdem er nach Hause zurückgekehrt war, empfingen ihn alle voller Freude. Und er reicht ihnen die Geschenke. Als nun die jüngste dabei ist, ihre Sachen in Empfang zu nehmen, sagt er zu ihr: »Ach, du unbedachte Übeltäterin! Wie du mir mitgespielt hast, so dass meine Fregatte mitten im Meer stehengeblieben ist!« - »Du hast es mir also nicht gebracht?« - »Ich habe dir alles gebracht.«

Dann rennt die Königstochter voller Freude zu der Alten, damit die ihr sagte, was sie tun sollte.

»Nun greif zu, tu die Gewürze in den Mörser und zerstampf alle, dass sie zu Staub werden. Hast du sie zerstampft, so tu sie ins Haarsieb, um sie durchzuseihen. Danach schließ dich ein und mach daraus mit Rosenwasser einen Teig und form aus diesem Teig auf einem großen Tische einen Mann. Dann nimm das Rauchpfännchen und setz dich Tag und Nacht hin, um ihm Weihrauch zu spenden, ohne Unterlass, vierzig Tage und Nächte lang!«

Die Königstochter riegelte sich also ein und machte es so, wie die Alte sie angewiesen hatte. Sie hatte nun aber eine Mohrin zur Magd, die belauerte sie dauernd durchs Schlüsselloch. Am letzten Abend sagt die Mohrin draußen vor der Tür: »Du tust mir leid, Herrin, dass du ermüdest und überhaupt nicht schläfst! Möchtest du, dass ich ihm heut nacht statt deiner Weihrauch spende, damit du dich hinlegen und ausruhen kannst?« Die Königstochter lässt sich darauf ein. Während die Mohrin nun Weihrauch spendet, sind es um Mitternacht gerade volle vierzig Tage. Da erwacht der Wohlduftende, richtet sich auf und umarmt die Mohrin: »Deine Hände haben mich ins Leben gerufen, dich also will ich zur Frau nehmen!«

Wer wohl weint nun und wer jammert? - Die Königstochter, die den Wohlduftenden verloren hat. Die Jungfrau verschloss sich dann in ihrer Kammer, und sie wehklagte. Sie legte sich nieder, stellte den Ölleuchter mit den drei Dochten an ihre Seite, legte das zweischneidige Messer und den Stein der Geduld dazu, die hatte ihr ihr Vater auch gebracht. Also, sie weinte und sprach: »Wer noch verspürt wohl so glühenden Kummer wie ich? Da sitze ich da, stampfe, siebe, knete Teig und spende ihm volle vierzig Tage Weihrauch, vierzig Nächte, vierzig Tage und vierzig Minuten, und da kommt meine Magd, die Mohrin und nimmt ihn mir um einer Stunde willen weg!«

Der Wohlduftende aber hörte in seinem Zimmer ihre Wehklagen. Er trat hinter die Tür, bekam alles zu Ohren. »Ach, zweischneidiges Messer, schlachte mich, ach, Leuchter mit den drei Dochten f all um, verbrenne mich, ach, Stein der Geduld, gib mir Geduld! Welcher Gott könnte solch ein Geschehen wollen, dass ich ihn ins Leben rufe und eine andere nimmt ihn mir?«

Da bricht der Wohlduftende gewaltsam die Tür auf und kommt herein und spricht zu ihr: » Du also warst es, du Gute, die mir das Leben gegeben hat, und du hast mir gar nichts davon gesagt? Du konntest nur zulassen, dass ich die Mohrin genommen hab und die umarmte und küsste?«

Danach jagten sie die Mohrin fort, machten Hochzeit in aller Pracht - und lebten gut und glücklich.


Dieses Märchen wurde mir von Dieter [chax@wtal.de] zur Verfügung gestellt.