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Das Hexenweib
Märchen aus Mexico


Sie sagen, im Bezirk von San Cristobal Las Casas, in der Gegend, in der die Leute Nahuatl sprechen, lebte ein Mann und ein Weib. Die Frau war eine Hexe. Sie betrog ihren Mann. Sie hatte die Angewohnheit, ein paar Zauberworte zu murmeln, und schon fiel ihr das Fleisch von den Knochen. Nur das Skelett blieb von ihr übrig. Darauf wuchsen ihr Flügel, und das Skelett flog durch die Luft. In dieser Gestalt zog sie die ganze Nacht herum und erschreckte die Leute.

Als ihr Ehemann dahinterkam, dass sie sich jede Nacht verwandelte, beschloss er, sie zu bestrafen. Eines Nachts tat er so, als ob er schlafe.

Als er beobachtete, wie seine Frau aufstand und hinausging, folgte er ihr.

Er verbarg sich im Schatten und sah, wie ihr das Fleisch von den Knochen fiel und ihr Flügel wuchsen. Dann sah er sie fortfliegen, und dabei gab es ein Geräusch, als würden die Knochen zusammenkrachen.

Als er nun seine Furcht überwunden hatte, trat er aus dem Schatten hervor zu der Stelle hin, an der das Fleisch lag, und hackte es mit der Machete in kleine Stücke. Dann streute er Salz darauf. Nachdem das getan war, trat er wieder in den Schatten zurück und wartete auf die Rückkehr der Hexe.

Sie kam und trat vor das Fleisch. Sie sagte das Zauberwort. Aber das Fleisch gehorchte ihr nicht. Es war tot. Das Salz hatte es getötet. Das Skelett flog fort. Manchmal sah man es noch. Man erzählt sich, wer es sehe, müsse bald darauf sterben.